Merowingerzeit
Als Merowinger wird das älteste bekannte Königsgeschlecht der Franken bezeichnet. Es prägte im gallisch-germanischen Raum besonders die Epoche des Übergangs von der Spätantike zum frühen Mittelalter. Auch das Bonner Münster steht in Verbindung mit der Merowingerzeit nachdem unter ihm eine merowingische und frühkarolingische Begräbnisstätte freigelegt wurde. Dort, wo in der Mitte des 11. Jahrhunderts das Münster errichtet wurde und wo sich in spätantiker Zeit noch eine römische Totengedenkstätte befunden hatte, war in merowingischer Zeit, Mitte des 6. Jahrhunderts, zudem ein Saalbau errichtet worden.
Alltagskultur und Leben der Merowinger ab der Mitte des fünften Jahrhunderts bezeugen in der Region Bonn zahlreiche Grabstätten, beispielsweise im Bereich von Europaring und Wesselheideweg im heutigen Bonner Stadtbezirk Hardtberg, die dort im Zuge der Bebauung in den 1960-er Jahren bekannt wurden und untersucht werden konnten. Auf eine frühe Besiedelung weisen auf dem heutigen Bonner Stadtgebiet auch die am Fuß des Lyngsbergs zwischen Lannesdorf und Muffendorf im Jahr 1986 gefundenen merowingisch-fränkische Gräber mit wertvollen Beigaben hin.
Eine wissenschaftliche Arbeit aus 2004 umfasst mehr als einhundert Funde aus Bonn und dem Umland.
- vgl. dazu: Ulrike Müssemeier, Die merowingerzeitlichen Funde aus der Stadt Bonn und ihrem Umland, Bonn 2004 (pdf)
Während in der Region also schon eine Vielzahl an Gräbern und Gräberfeldern aus der Merowingerzeit bekannt waren, traten dann im September 2007 östlich des Mühlenbachs im Bereich des heutigen Bechlinghoven nicht nur weitere Funde aus dem 6. Jahrhundert zu Tage sondern auch Zeugnisse einer fortwährenden Besiedlung in diesem Bereich. Die Ausgrabungen belegen einen großflächig erschlossenen Siedlungsplatz aus dieser Zeit mit Lang- und Grubenhäusern, also mit ebenerdigen oder leicht in den Boden eingesenkten Gebäuden. In mehreren Grabungen wurden seit 2007 auf einem 17 Hektar großen Gelände zahlreiche Gebäudegrundrisse nachgewiesen, für die archäologische Forschung von herausragender Bedeutung.
Neben Gehöften des Frühmittelalters konnte im Osten des Fundplatzes auch eine zweiphasige Bebauung des Hochmittelalters festgestellt werden. Zwei Bäche versorgten den einstigen Siedlungsplatz im heutigen Bonner Stadtbezirk Beuel mit frischem Wasser aus dem nahen Ennert. Am Ort gibt es zudem Hinweise auf Tonvorkommen, die für die Herstellung von Keramik bereits in der Merowingerzeit verwendet wurden.
- vgl. dazu: www.bechlinghoven.com/merowinger
Ein weiterer merowingerzeitlicher Fundort aus neuerer Zeit liegt auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik in Ramersdorf. Hier wurden 2011 über 500 Bestattungen eines seit fast 100 Jahren bekannten Gräberfeldes aus der Merowingerzeit (6.-7. Jahrhundert nach Christus) ausgegraben.
Nicht weit entfernt fanden in den Jahren 2018 und 2019 die Ausgrabungen an der Niederkasseler Straße in Beuel statt, bei denen zahlreiche Objekte aus der Merowingerzeit entdeckt wurden. Bereits 1995 war man hier beim Anlegen eines Brunnens auf ein Grab aus der Merowingerzeit gestoßen. Zwischen 550 und 750 nach Christus haben an dieser Stelle Bestattungen stattgefunden. Dokumentiert wurden zunächst 120 Gräber mit rund 70 Grabbeigaben.
Mit der merowingischen Besiedlung im 6. Jahrhundert wurden auch bis heute bestehende Dörfer im heutigen Rhein-Sieg-Kreis gegründet. Als Beispiel gelten beispielweise Lülsdorf und Rheidt mit ihren merowingerzeitlichen Gräberfeldern.
Ein weiteres Beispiel ist die Keramikproduktion der späten Merowinger- und frühen Karolingerzeit, die im Bereich des heutigen Bornheimer Stadtteils Walberberg belegt ist.
Literatur
- Ulrike Müssemeier, Die merowingerzeitlichen Funde aus der Stadt Bonn und ihrem Umland, Bonn 2004 (pdf)
- Manfred van Rey: Studien zur Geschichte von Bonn. Von der Merowingerzeit bis in die ersten Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Stadtarchivs - Band 74, 1. Auflage, Bonn 2022
- Ivonne Weiler-Rahnfeld, Die merowingerzeitliche Siedlung von Bonn-Bechlinghoven,
mit Beiträgen von Markus Helfert, Janet Rethemeyer, Elisabeth Schnepp und Tanja Zerl,
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Bonn 2023
- Mit der wissenschaftlichen Auswertung der Ausgrabungen zur merowingerzeitlichen Siedlung von Bechlinghoven wird erstmals ein großflächig erschlossener Siedlungsplatz dieser Zeit für das Rheinland vorgestellt. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist die Auswertung von Gefäßkeramik, die typologische und chronologische Aspekte von Töpfereien mit einschließt.
Weblinks und Quellen
- Die merowingerzeitliche Siedlung von Bonn-Bechlinghoven
- „Bedeutsamer Kulturlandschaftsbereich Niederkassel (KLB 19.11)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/A-EK-20080730-0114 (Abgerufen: 28. Oktober 2025)