Bonn war in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ein bevorzugter Ort für Veranstaltungen separatistischer Verbände und Parteien. Versammlungsorte boten Säle wie die damalige Beethovenhalle nahe der Rheinbrücke oder der Dreikaisersaal in der Kölnstraße. Auch Wirtshäuser wie „Henderkott“ in der damaligen Martinstraße oder „Delforgé“ in Poppelsdorf waren bevorzugte Treffpunkte.

Am 23. Oktober 1923 verkündete der örtliche Separistenführer Josef Natter um 6 Uhr morgens nach nächtlichen Kämpfen von der Rathaustreppe aus die Machtübernahme der Rheinischen Republik. Auf dem Rathaus wehte die rheinische grün-weiß-rote Fahne. Zwei Tage zuvor, am 21. Oktober, war die Rheinische Republik in Aachen ausgerufen worden und in Koblenz etablierte sich eine „Vorläufige Regierung“.

Rathaus in Königswinter

Die Ausrufung der „Rheinischen Republik“ führte in den folgenden Monaten zu heftigen Aktionen und Kämpfen auch im Raum Bonn und im Siebengebirge, einschließlich der Besetzung von Rathäusern und öffentlichen Gebäuden in der französischen Besatzungszone. So besetzte etwa in Königswinter am 25. Oktober 1923 eine Gruppe von Separatisten das Rathaus der Stadt. Und auch in Bad Honnef wurde das Rathaus besetzt und am 14. November die Rheinische Republik ausgerufen. Rahmenbedingungen wie die wirtschaftliche Krise nach dem Ersten Weltkrieg mit hoher Inflation, Hunger und wachsender Arbeitslosigkeit spielten dabei ebenso eine Rolle wie die Interessen der Wirtschaft oder Eingriffe der französischen Besatzung.

Der Schriftsteller Kurt Tucholsky beschrieb einige Jahre später die Situation im Rheinland in einem Beitrag für „Die Weltbühne“:

„… Das Rheinland stand damals, geschlossen wie ein Mann, zu dem, der besser zahlte. Die Beamten, die Großbanken, die Geistlichen warteten auf ihren Augenblick. Zu Frankreich hinüber wollte keiner, bei Preußen bleiben wenige. Was sie wollten und wozu sie damals auch ein Recht hatten, war Befreiung aus der Hölle der Inflation und Schaffung einer eignen Währung, einer eignen autonomen Republik. …“

Umgekehrt formierte sich - auch im Siebengebirge - eine „Gegenwehr“. Die Auseinandersetzungen eskalierten hier am 15. und 16. November 1923 mit der „Schlacht bei Aegidienberg“ und forderten nach Schießereien und Gewaltausbrüchen 16 Tote und viele Verletzte. Daran erinnert ein Natursteinblock mit umstrittener Inschrift an der Gabelung Aegidienberger Straße/ Höveler Straße im Bad Honnefer Ortsteil Hövel.

Fehlende Unterstützung und nicht zuletzt die mangelnde per­so­nelle und fi­nan­zi­elle Aus­stat­tung der Se­pa­ra­tis­ten führten dazu, dass diese nir­gend­wo die Ver­wal­tung dau­er­haft auf­recht er­hal­ten konnte. Hinzu kamen Rivalitäten zwischen den Akteuren, verwirrende Verordnungen und fehlende Richtlinien. Weder die Bevölkerung noch die etablierten Kräfte aus Wirtschaft und Politik waren auf Dauer für die Sache zu gewinnen. Auch in Bonn räumte am 2. Dezember 1923 die zum Schluss etwa 40-köpfige Ortsbesatzung der Separatistenbewegung schließlich das Rathaus und löste sich allmählich auf.

Weblinks