Marie Kahle: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 26. März 2024, 15:24 Uhr
Marie Kahle (1893–1948), die Lehrerin und Ehefrau des Orientalisten Prof. Paul Kahle, wurde wegen ihrer Hilfe für jüdische Mitbürger/innen zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und wanderte im Jahr 1939 mit ihrer Familie nach England aus.
Nach dem Novemberpogrom am 10. November 1938 half Marie Kahle zusammen mit ihren fünf Söhnen verfolgten jüdischen Freunden und Bekannten. Am 12. November 1938 wurde sie zusammen mit ihrem ältesten Sohn Wilhelm von einem Polizisten dabei beobachtet, wie sie die jüdische Geschäftsfrau Emilie Goldstein in der Bonner Kaiserstraße beim Aufräumen ihres Miederwarengeschäftes unterstützte. Im Lokalteil des „Westdeutschen Beobachters”, der nationalsozialistischen gelenkten Tageszeitung, folgte dazu ein Schmähartikel mit der Schlagzeile „Das ist Verrat am Volke. Frau Kahle und ihr Sohn halfen der Jüdin Goldstein bei Aufräumungsarbeiten”.
In den folgenden Wochen und Monaten stand die gesamte Familie unter einem wachsenden Terrordruck in Bonn. Schon am Tage der Veröffentlichung des Zeitungsartikels wurden die Kahles in ihrem Haus in der Kaiserstraße angegriffen: Die Fenster im ersten Stock wurden zertrümmert, auf Plakaten bezeichnete man sie als „Volksverräter” und „Judenfreunde”. Professor Paul Kahle erhielt zunächst vom Rektor der Universität Bonn ein Hausverbot und wurde vom Dienst suspendiert. Marie Kahle wurde von der Gestapo vorgeladen und musste sich einige Tage im Kloster der Benediktinerinnen in Bonn-Endenich verstecken. Sie bereitete letztlich die Flucht vor und brachte im April 1939 ihre Familie nach England. Davon berichtete sie bereits in einem Bericht von 1939, der von ihren Söhnen ins Englische übersetzt wurde und nach Kriegsende unter dem Titel „What Would You Have Done?" erschien.
Marie Kahle hat die bundesrepublikanische NachKriegszeit nicht mehr erlebt. Sie starb nach langer und schwerer Krankheit und physisch und psychisch erschöpft im Alter von 55 Jahren am 18.12.1948 und liegt auf dem Friedhof des südenglischen Dorfes Wadhurst begraben. In der Traueranzeige hoben die hinterbliebenen Familienmitglieder hervor, dass sie ihnen bis zum letzten Tag ein Vorbild gewesen sei durch „ihren großen Glauben, ihre unerschütterliche Energie, ihre Selbstaufopferung und ihren untrüglichen Gerechtigkeitssinn".