Beueler Industriegeschichte: Unterschied zwischen den Versionen

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Es hat lange gedauert, bis in den Trümmern der früheren Industriebetriebe wieder neues Leben einzog. Eine Handvoll Männer, die Unternehmer selbst mit ihren verbliebenen Mitarbeitern, begannen Steine und Schutt wegzuräumen. Es war eine fast sinnlose Arbeit, denn es fehlte überall am Notwendigsten. Der Verkehr war vollkommen lahmgelegt. Erst im Juni 45 fuhr erstmals wieder ein Zug zwischen Menden und Honnef. Die Besatzer hatten bestimmte Ausgehzeiten festgelegt. Und nur zu diesen durfte die Bevölkerung ihre Wohnung verlassen. Die Bauern in den Landorten mussten sich mit den Banden von Räubern und Marodierenden, die aus den freigelassenen Fremdlagern entstanden, erwehren. Das Kessko-Werk gab alles, was es noch an Nährmitteln, Fetten und Halbfabrikaten in Besitz hatte.  
Es hat lange gedauert, bis in den Trümmern der früheren Industriebetriebe wieder neues Leben einzog. Eine Handvoll Männer, die Unternehmer selbst mit ihren verbliebenen Mitarbeitern, begannen Steine und Schutt wegzuräumen. Es war eine fast sinnlose Arbeit, denn es fehlte überall am Notwendigsten. Der Verkehr war vollkommen lahmgelegt. Erst im Juni 45 fuhr erstmals wieder ein Zug zwischen Menden und Honnef. Die Besatzer hatten bestimmte Ausgehzeiten festgelegt. Und nur zu diesen durfte die Bevölkerung ihre Wohnung verlassen. Die Bauern in den Landorten mussten sich mit den Banden von Räubern und Marodierenden, die aus den freigelassenen Fremdlagern entstanden, erwehren. Das Kessko-Werk gab alles, was es noch an Nährmitteln, Fetten und Halbfabrikaten in Besitz hatte.  


Die von der Militärregierung eingesetzte Verwaltung war bemüht, Kartoffeln und Brennmaterialien heranzuschaffen. Die Reichsmark war nichts mehr wert. Wer Kleidungstücke, Hausgeräte, Wäsche, Geschirr, Schuhe oder Schmuck vor Bomben, Dieben und Plünderern retten konnte, brachte es aufs Land und tauschte gegen Butter und Speck. Die Währung des Schwarzen Marktes waren amerikanische Zigaretten. Eine "Camel" kostete fünf Reichsmark. Wer nicht kompensieren konnte, leidete Hunger.   
Die von der Militärregierung eingesetzte Verwaltung war bemüht, Kartoffeln und Brennmaterialien heranzuschaffen. Die Reichsmark war nichts mehr wert. Wer Kleidungstücke, Hausgeräte, Wäsche, Geschirr, Schuhe oder Schmuck vor Bomben, Dieben und Plünderern retten konnte, brachte es aufs Land und tauschte gegen Butter und Speck. Die Währung des Schwarzen Marktes waren amerikanische Zigaretten. Eine "Camel" kostete fünf Reichsmark. Wer nicht kompensieren konnte, litt Hunger.   


Die Männer, die sich in den Ruinen der Industriebetriebe wieder einfanden, besaßen nur ihre Arbeitskraft, aber sie werken zäh und verbissen.   
Die Männer, die sich in den Ruinen der Industriebetriebe wieder einfanden, besaßen nur ihre Arbeitskraft, aber sie werken zäh und verbissen.   
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Als die Rheinische Tapetenfabrik in dem alten von Artillerietreffern durchlöcherten Pförtnerhaus wieder anfing, sah sich vor schier unüberwindliche Schwierigkeiten gestellt. In festen Kammern unter der Kellerdecke waren vorsorglich einzelne Teile der großen Maschinen eingelagert worden. Bomben und Artilleriebeschuss hatten sie wohl verschont, aber nach der Zerstörung der Dächer boten sie keinen Schutz gegen das in das Fabrikgebäude eindringende Regenwasser. Der Rost ließ sich zwar leicht entfernen, dabei gingen aber auch die Markierungen verloren, mit denen bei der Demontage der Maschinen die einzelnen Teile gekennzeichnet worden waren. Die Teile, die zusammengehörten, mussten unter einem Berg von Rädern, Hebeln, Bolzen , Lagern, Schrauben und Walzen mühselig herausgesucht werden.   
Als die Rheinische Tapetenfabrik in dem alten von Artillerietreffern durchlöcherten Pförtnerhaus wieder anfing, sah sich vor schier unüberwindliche Schwierigkeiten gestellt. In festen Kammern unter der Kellerdecke waren vorsorglich einzelne Teile der großen Maschinen eingelagert worden. Bomben und Artilleriebeschuss hatten sie wohl verschont, aber nach der Zerstörung der Dächer boten sie keinen Schutz gegen das in das Fabrikgebäude eindringende Regenwasser. Der Rost ließ sich zwar leicht entfernen, dabei gingen aber auch die Markierungen verloren, mit denen bei der Demontage der Maschinen die einzelnen Teile gekennzeichnet worden waren. Die Teile, die zusammengehörten, mussten unter einem Berg von Rädern, Hebeln, Bolzen , Lagern, Schrauben und Walzen mühselig herausgesucht werden.   
Der Luftangriff vom 4. Februar 1945 hatte die Betriebsgebäude und Anlagen fast vollständig zerstört und alle Maschinen wurden fast restlos vernichtet. Auch hier bahnte sich die noch vorhandene Belegschaft des Werks unentwegt den Weg zum Neuaufbau. 
Was in den Wochen und Monaten nach Kriegsende die Beueler Betriebe leisteten, können nur die, die damals das schwere und opferreiche Ringen selbst miterlebt haben, ganz ermessen. Mühe und Sorge der zeit nach Kriegsende sind fast vergessen. Vor der Leistung zehn Jahre nach der Katastrophe stand ein hohes Maß an harter Arbeit, sowie ein zähes Ringen um neue Formen, Produktionsmethoden und  Absatzmärkte. 


== Stätten der Arbeit ==
== Stätten der Arbeit ==
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Dyckerhoff hatte bereits 1927/28 Aktien der Bonner Zementfabrik erworben. Mit  einer Sperrminorität von 25 % kam es 1985 zur voll­ständigen Übernahme. Die  Bonner Zementfabrik war nun nur noch ein Zweigwerk von Dyckerhoff und stellte bereits 1986  die Produktion ein.  Der Betrieb wurde ein Jahr später vollends geschlossen.<ref name=":0" />
Dyckerhoff hatte bereits 1927/28 Aktien der Bonner Zementfabrik erworben. Mit  einer Sperrminorität von 25 % kam es 1985 zur voll­ständigen Übernahme. Die  Bonner Zementfabrik war nun nur noch ein Zweigwerk von Dyckerhoff und stellte bereits 1986  die Produktion ein.  Der Betrieb wurde ein Jahr später vollends geschlossen.<ref name=":0" />
Heute sind von dem ehemaligen Zementwerk nur noch der Wasserturm und die Rohmühle als Baudenkmäler erhalten. Die Rohmühle beherbergt heute einen Gastronomiebetrieb. 


=== Vereinigte Jutespinnereien und Webereien A. G. ===
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